Ich treibe sehr viel Sport. Ich brauche das als Ausgleich. Ich gehe joggen, dabei kann ich abschalten und ganz viele Probleme lösen. Ich habe auch immer gesagt: Ich treibe Sport, nicht nur weil es mir Spass macht, sondern auch, damit ich fit bleibe. Dass wenn ich krank werde mein Körper robuster ist. Und als ich die Diagnose bekommen habe, hat meine Tochter zu mir gesagt: "Mami, das ist genau das, was du gesagt hattest. Du trainierst, damit wenn du krank wirst, du fitter bist. Und jetzt ist es so, jetzt bist du fitter." Ich bin Regula, ich bin 63. Ich habe eine Familie, ich habe drei Töchter, und sechs Grosskinder. Ich bin seit 40 Jahren verheiratet. Ich habe metastasierten Lungenkrebs. Es war schon eine harte Diagnose. Es war wie bei allen diesen Diagnosen, dass es einem den Boden unter den Füssen wegzieht. Wenn ich den Leutengesagt habe, dass ich Lungenkrebs habe, dann haben viele gesagt: "Du hast gesund gelebt, du rauchst nicht, warum hast du Lungenkrebs?" Da habe ich gemerkt, dass man automatisch Lungenkrebs mit rauchen verbindet. Rauchen kann eine Ursache sein, aber es gibt auch Lungenkrebs, die nicht aufs Rauchen zurückführen sind. Da merkt man schon, dass das wirklich ein Vorurteil, respektive ein Stigma ist. Man ist quasi ein wenig selbst schuld. Das trifft mich schon auch. Es war eine Zufallsdiagnose. Es wirft einem wirklich aus der Bahn. Man hat ein Bild von Krebs-Patientinnen und Patienten. Man sieht sich selbst bereits innerhalb einer Woche, dass man keine Haare mehr hat, dass man im Bett liegt, dass es einem ganz schlecht geht. Man kennt sich einfach nicht aus. Man hat nur das Laienwissen: Krebs bedeutet, jemand ist am Sterben. Es ist ein Schock. Da hat mir einbekannter Arzt gesagt: "Es gibt kurativ und palliativ. Palliativ ist jeder chronisch Kranke, weil das bedeutet einfach, dass man nicht mehr ganz gesund wird." Der Gedanke hat mir sehr geholfen, mich von diesem Bild zu lösen, dass jeder Palliativ-Patient im Endstadion ist und im Sterben liegt. Jetzt kann ich damit gut leben. Ich habe das Glück, dass es für den Krebs-Typ, den ich habe, ein Medikament gibt, das ich jeden Tag einnehme und auf welches ich sehr gut anspreche und das ich sehr gut vertrage. Im Moment kann ich mein Leben ganznormal leben. Ich habe jetzt einfach das Glück, dass die Medizinderartige Fortschritte gemacht hat, dass es ein so gutes Medikament gibt, welches mir die Möglichkeit gibt, ein gutes Leben zu führen. Ich habe diese Diagnose und ich weiss, dass eine Zeitbombe in meinem Körper ist. Auf der einen Seite nehme ich jeden Tag, wie er kommt. Ich freue mich über das, was ich habe. Ich freue mich, wenn ich arbeiten gehen kann. Ich freue mich über die kleinen Dinge im Leben. Vor allem aber auch, dass ich hier bin und dass es mir so gut geht. Das freut mich. Auf der anderen Seite habe ich mir schon bewusst gemacht, dass es irgendwann wieder losgeht. Auch über das Sterben habe ich mir Gedanken gemacht. Im Prinzip hat sich meine Einstellung zum Tod geändert: man ist endlich, jeder muss gehen. Logisch möchte ich so lange wie möglich leben, aber ich möchte nicht um jeden Preis lange leben. Das wurde mir jetztwirklich bewusster. Wenn ich über das Sterben nachdenke, ist es so, dass man sterben darf und man sterben muss. Jeder Mensch ist ein Teil der ganzen Welt. Und irgendwann muss man sich vielleicht nicht mehr so ...das klingt jetzt vielleicht hart, so wichtig nehmen, dass man sagt, du darfst nicht gehen, sondern man darf wirklich gehen, wenn es so weit ist. Und sagen: "Ich mag nicht mehr, ich gehe jetzt. "Ich empfinde ganz viel Dankbarkeit für das Leben, das ich bis jetzt hatte. Es gibt schon auch schlechte Tage. Ich habe das Glück, dass meine Familie in der Nähe ist. Das gibt mir ganz viel. Die Grosskinderkommen vorbei und dann geht es mir gleichwieder besser. Die Tiere beruhigen mich. Wenn ich mal einen schlechteren Tag hatte, kann ich mich zu den Schafen setzen und sie kommen zu mir. Diese Ruhe, das tut mir gut. Ich schaue einfach, dass es mich nichtrunter zieht. Und ich habe einfach versucht, möglichst schnell auch das Positive zu sehen. Nebst der Krankheit. An schönen Momenten. Durch die Natur zu gehen ist für mich immer eine Erholung. Und dann, sobald ich joggen kann, einfach rausgehen kann. Ich bin nicht jemand der sich im stillen Kämmerli versteckt, sondern ich muss raus. Ich muss mich bewegen, etwas machen. Ich freue mich an jedem Tag, an dem es mir gut geht. Ich freue mich an jedem schönen Tag. Eigentlich empfinde ich ganz viel Freude. Es ist wirklich Beides: Freude zu haben, aber auch immer das Bewusstsein zu haben, dass es fertig sein kann.